Lob für Engagement der Jugend

„Don’t dream it, do it!”

Die IG-BCE-Jugend engagiere sich stark, liefere wichtige Impulse für die gesamte Organisation und sei ihrer Zeit voraus, erklärte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis auf der Bundesjugendkonferenz. Gleichzeitig habe es die Jugend in Zeiten der Ausbildungskrise schwer - die Herausforderungen seien insgesamt noch größer geworden.

Michael Vassiliadis im Gespräch mit der IG-BCE-Jugend
Foto: © Christian Burkert

„Schwer beeindruckt“ zeigte sich der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis von der Bundesjugendkonferenz, die ja Corona-bedingt unter erschwerten Bedingungen stattfände und bei der man dennoch kollegial um Gewerkschaftspositionen für die Zukunft ringen würde. Und er verband bei seinem Besuch am dritten Konferenztag das Lob zur Konferenz gleich mit dem ausdrücklichen Dank für das Engagement der Jugend, die sehr erfolgreich neue Mitglieder werbe: „Ihr schafft es junge Menschen von Solidarität und Gewerkschaft zu begeistern!“ Die sei als Erneuerung von unten wichtig für die Zukunft der Organisation. In den Regionen, vor Ort, erzeuge Jugendarbeit Identität und Zugehörigkeit, so der Vorsitzende, wobei eine Herausforderung für die gesamte IG BCE sicherlich die Abnahme dieser Bindekraft nach zehn bis 15 Jahren darstelle. Die Jugend lebe Vielfalt und die Gender-Frage als Normalität und sei für die Organisation ein „Seismograph“ gesellschaftlicher Entwicklungen. „Ich kann euch versichern: Wir sind alle mit ganzem Herzen dabei, Jugendarbeit zu fördern.“

Große Herausforderungen

Anschließend ging Vassiliadis auf die großen –  nationalen wie globalen – politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen ein. Er bemängelte, dass in Zeiten gut laufender wirtschaftlicher Konjunktur im letzten Jahrzehnt wichtige Weichenstellungen – beispielsweise in der  Bildung oder beim Thema Integration – nicht ausreichend vorgenommen wurden. Auch wenn Deutschland immer noch besser dastehe als andere europäische Länder, insbesondere bei der Perspektive für die Jugend. Dennoch: „Modernisierung und Bildung, all diese Potentiale hätte man heben müssen.“ Jetzt, in der Corona-Krise, helfen der Sozialstaat, die Exportorientierung – und starke Gewerkschaften, damit soziale Ungleichheit sich nicht verschärfe. Man komme jedoch aus einer unverarbeiteten Krise und habe zwei große Transformationen vor sich: Digitalisierung und Klimawandel.

Der Vorsitzende unterstrich noch einmal in aller Klarheit, dass man sich zu den Weltklimabeschlüssen und dem 1,5 Grad-Ziel bekenne, es gehe jetzt um den Weg dahin: „Wir wollen, dass die Transformation zur Klimaneutralität eine Chance für die Menschen wird durch Technologie, Innovation und Investition.“ Nur mit Verzicht und Abschalten werde man nicht erfolgreich sein. „Das darf kein avantgardistisches Thema sein, wo man leichtfertig mit Industriearbeitsplätzen umgeht – es geht um Arbeitsplatz und Klima!“ Das Soziale und die Klimafrage müsse man daher auszubalancieren. Denn letztlich sei eine Gewerkschaft die Organisation der Mitglieder, die es zu schützen gelte. Auf die Politik werde man Einfluss nehmen, damit die ökologische Transformation sozial gerecht gestaltet werde. Aber es war auch ein Appell des Vorsitzenden an die Organisation und an die Jugend sich in diese Debatte einzubringen: „Man kann Klimaneutralität und Modernisierung der Industrie schaffen. Wir müssen nur hellwach unsere Kompetenzen einbringen und die Unternehmen treiben!“

Aber all diese Entwicklungen träfen nun auf eine Ausbildungskrise. Vassiliadis fand hier auch deutliche Worte in Richtung der Arbeitgeberverbände, nicht kurzfristige eigene Interessen voranzustellen, sondern die Zukunft breit zu denken, jungen Menschen Perspektive zu geben, Verantwortung zu übernehmen und die Situation in diesem Jahr zu ändern: „Wenn das nicht klappt, dann wird eine Debatte aufkommen. Partnerschaft ohne Ausbildung, das kann nicht sein.“

IG BCE im Transformationsprozess

Die IG BCE selbst sieht Vassiliadis ebenfalls in einem Transformationsprozess: „Die Organisation muss sich stets verändern für eine erfolgreiche Zukunft – es ist Zeit für Held*innen!“ So griff der Vorsitzende zum Abschluss seiner Rede das Motto der Jugend auf, die ihrerseits dann die Möglichkeit hatte, einzelne Themen durch Fragen zu vertiefen. Und auch bei den Delegierten drehten sich dann viele Fragen um die Klimapolitik, eine mögliche „grüne Bundeskanzlerin“ und die Auswirkungen für die Gewerkschaft. In der Fragerunde schärfte der Vorsitzende nach: „Wer einen früheren Ausstieg als 2038 aus der Kohle will, muss die Frage nach der Energieversorgungssicherheit beantworten.“ Der Ausbau der Erneuerbaren sei letztlich dafür entscheidend. Und da sehe er Widersprüche, gerade bei Bewegungen wir Fridays for Future. Ebenso entscheidend: Die Frage nach sozialer Kompatibilität und der Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze. Mit Blick auf die Bundestagswahl werde man das Angebot der Parteien prüfen – bei Themen wie Ausbildung, Wohnen, Verteilung, Investitionen, Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte. Die größten Schnittmengen sehe er immer noch bei der SPD: „Da brauche ich kein Fremdwörterbuch.“ Im Gespräch sei man mit allen Parteien, außer mit der AfD: „Die sind rechtsextrem. Mit denen brauche ich nicht zu reden“, erklärte der Vorsitzende seine Haltung.

Aber auch innerorganisatorische Bedarfe und Fragen wurden von der Jugend an den Vorsitzenden herangetragen. In Anbetracht der Digitalisierung und der vermehrten Nutzung von Home Office - also einer Entwicklung weg vom Betrieb als Begegnungsort - forderte Vassiliadis digitale Zugangsrechte für Gewerkschaften, um weiterhin Kontakt zu den Beschäftigten zu halten. Eine weiblichere und diversere Repräsentation in den IG-BCE-Strukturen werde angestrebt. Eine weibliche 30 Prozent-Zielmarke werde auf vielen Ebenen schon umgesetzt. An den neu konstituierten Bundesjugendausschuss appellierte er zum Abschluss, sich aktiv einzubringen in die Modernisierungsdebatten: „Kümmert euch, das ist euer Laden – don’t dream it, do it!“